Wozu dient Abgrenzung?
Wer ein Haus baut, macht einen Zaun drum. Fremde Katzen, Kinder, Meinungen und Mächte können dann hoffentlich nicht so leicht rein.
Genauso agiert das Gehirn. Es entwickelt schon in ganz jungen Jahren eine höchst individuelle Statik aus Steinen, Mörtel, Isoliermasse, einem stabilen Fundament mit tragenden Wänden und Trennwänden; es integriert Rohre und Leitungen, sorgt für Riesenlagerräume im Keller und isoliert das Haus gegen jedes Wetter.
Stabiler Zaun drum – fertig ist das Persönlichkeits-Grundstück.
So ausgestattet, zieht sein fröhlicher Besitzer in die Welt hinaus und hat alle seine Grenzen ständig derartig nah bei sich, dass kein Fremder einfach so übers Gartentor steigen würde; nicht mal versuchsweise.
Doch leider hat nicht jeder solche erfahrenen Baumeister.
Wozu dient fehlende Abgrenzung?
Der schwächelnde Gartenzaun eines anderen Grundstücksinhabers bringt manche Passanten dazu, in diesem Garten ab und zu wilde Parties zu feiern, dabei Obst zu stehlen und Blumen zu zertrampeln.
Da ist was los; langweilig wird das für keinen. Schon klar, dass solche Partygäste aus demselben Holz geschnitzt sind wie ihre Gastgeber: beide inszenieren Grenzverletzung.
Auch klar ist von Anfang an, wer hinterher aufräumt: Unter Tränen beklagt der Schadensbeseitiger, er sei „schon wieder ein Opfer marodierender Banden“ geworden.
Dieses Beschuldigen anderer erspart ihm den Blick auf eigene Schwächen.
Durch den unreparierten Gartenzaun profitiert der Grundstücksbesitzer jetzt schon von der künftigen Wiederholung des Debakels.
Co-Abhängigkeit in der Umgebung des „Grenzenlosen“
Die Galerie applaudiert minutenlang über diese gelungene Opferinszenierung, und ungeübte, allzu empathische Beobachter bedauern das Opfer; es wird allseits unterstützt und steht ständig als „der Gute“ da.
Je netter die Hilfsbrigade (die sich gern für „unschuldig“ hält, in Wirklichkeit jedoch das System der Grenzenlosigkeit unterstützt), desto mehr Vorteile behält der kaputte Gartenzaun, während die Bösen schon die nächste Einladung vorbereiten.
Das lohnt sich für alle; bloß nicht Zaun reparieren!
Fehlende Abgrenzung als Drama
Wer sich wiederholt nicht gesund abgrenzt, erwirtschaftet in der Regel miese Übergriffe auf sich selbst und dadurch die Verdrängungsmöglichkeit des eigenen Anteils an diesen Übergriffen: „Ich bin ja nicht Täter, sondern Opfer“.
Das klingt paradox für jeden, der nicht wusste, dass ein gesundes Säugetier aus einem Repertoire von c.a. 1000 objektiv möglichen Verhaltensweisen genau jene auswählt, die seine eigenen derzeitigen Muster und Werte stützen.
Wer wiederholt durch sein Verhalten seine Umgebung manipuliert, um sich dabei selbst zu bestätigten oder sogar zu stärken, hat entweder eine Krankheit (Narzissmus, Borderline, Hypochondrie) und braucht einen Arzt oder er hat eine Angewohnheit (Arroganz, Selbstaufgabe, inkongruentes Selbstbild, Hierarchiefurcht), dann braucht er einen Coach.
Wer sich nicht gesund abgrenzt, sorgt
- entwicklungsgeschichtlich für das Gefährden der eigenen Gattung (Revierverhalten und Kampfbereitschaft halten Nahrungs- und Sexualkonkurrenten auf Distanz)
- psychoanalytisch für die Vermeidung eigener (verbotener) Aggression gegen andere und deren Umleitung gegen sich selbst
- psychologisch für Autonomieverlust (durch Überanpassung, Verschmelzung, Negieren eigener Bedürfnisse) oder für Pseudo-Autonomie (bei ungesund starker Abgrenzung durch „absolute Freiheit“ mit der Folge von Einsamkeit und Egozentrismus)
- im Arbeitsleben für „Mobbing“, Selbstausbeutung und Karriereknick
- in Fremd- und Selbstbild für Selbsttäuschung, Schönfärberei und Selbstgerechtigkeit
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