Was die sieben originär „schwierigen“ Typen brauchen.
Etwa 90 % aller Mandanten werden durch schwierige Anwälte erst richtig unangenehm. Die restlichen 10 % teilen sich in sieben Mandantengruppen auf, die originär (also schon vor dem Besuch eines Anwalts) als schwierig gelten.
Allen sieben Mandantengruppen gegenüber kann der Anwalt selbst erfolgreich als Coach auftreten (beim 7. Typus durch Vertragskündigung), die ersten sechs mit Kommunikationsmethoden am Beispiel „Arbeitsrecht“:
Der Erfolgsmensch
Für ihn steht der Reiz des Neuen im Vordergrund. Er hat seine Kündigung äußerlich schon überwunden und ist bereits im Kopf mit der Zukunft beschäftigt.
Ihn haut so schnell nichts um. Er zeigt Frust und Verzweiflung nie nach außen, da beides mit seinem Selbstbild kollidiert.
Er kompensiert diese Kollision gern durch besonders forderndes und ungeduldiges Auftreten. Seine Arbeit ist – wie er selbst – unersetzlich und wurde durchgängig zu wenig gewürdigt: „Perlen vor die Säue“!
Er würde seine Kündigung gern als „Betriebsunfall der Geschichte“ sehen und so schnell wie möglich hinter sich lassen.
Der Zweifler
Er hinterfragt alles, was andere und er selbst tun, und das macht er ziemlich leise. Im kompliziertesten Fall äußert er seine Zweifel gar nicht.
Er hat oft hohe innere Dialoge, von denen die Umgebung nichts mitbekommt; durch passiv-aggressive Strömungen hält er sich selbst klein, denn echte Größe ist ihm unheimlich.
Er zweifelt eher an sich selbst als an der Strategie seines Anwalts, obwohl er expressis verbis nur letztere zaghaft kritisch hinterfragt. Er strebt den inneren Opferstatus unbewusst an, um sich zu erleichtern; er wirkt oft anklagend und wenig verantwortungsbewusst.
Der Angsthase
Er ist innerlich oft sachorientiert und durch ein Ereignis (Kündigung) aus der Bahn geworfen; Furcht ist sein Überlebensmuster in unbekannten Situationen; sie vergeht schnell wieder, wenn die Situation übersichtlich wird.
Der Besserwisser
Er ist nicht zufällig der Intimfeind von Anwälten, denn diese sind ja selbst Besserwisser! Bei der Terminvergabe sagt er schon im ersten Telefonat: „Viel Zeit brauchen wir dafür nicht. Halbe Stunde reicht.“ Er kommt mit dem Schönfelder unter dem Arm zur Besprechung; drei post-it Zettel schauen aus dem dicken roten Buch, und er sagt: „Ich habe Streit mit dem Nachbarn, und ich habe schon mal die Paragraphen heraus gesucht, die für uns von Belang sind“.
DAS ist das Drehbuch zur Anwaltsvariante von „Nightmare on Elm Street“ mit eingebauter Höchststrafe für den Diktums-Diebstahl direkt aus der Anwaltssprache („für uns von Belang“).
Der Sicherheitsfanatiker
Er hat lieber einen sicheren Zweifel als eine unsichere Wahrheit! Der Sicherheitsfanatiker ist komplett am Boden nach einer Kündigung. Er greift nach jedem Strohhalm, der ihm „Restsicherheit“ verschaffen könnte und saugt alles auf, worauf er sich verlassen kann. Die Kündigung bewirkt nackte Panik und noch größere Hoffnung auf irgendein Sicherungsseil.
Er braucht Eckdaten, sichere Grenzen, gehaltene Versprechen und 100 % glaubhafte Aussagen seines Anwalts. Wenn etwas nicht ganz sicher ist, erklären Sie ihm das so: „Mit einer Sicherheit von etwa 70 % wird das passieren. Bei den anderen 30 % gehen wir einen anderen Weg, nämlich….“.
Der Aggressive
Schon am Telefon macht er klar, wer hier was zu sagen hat: <strong>Er.</strong> Der Aggressive sagt oft seinen Namen nicht und will sofort zum Anwalt durchgestellt werden.
Wenn die Assistentin nach seinem Namen fragt, brüllt er sie an: „Das geht Sie nichts an! Sofort durchstellen!“
Er greift Assistentinnen an und ist beim Anwalt zunächst lammfromm. Durch die unterschiedliche Behandlung von Mitarbeitern unterschiedlicher Hierarchien gleicht er seinen schwachen inneren Status aus.
Doch auch beim Anwalt will er Regeln nicht akzeptieren. Er giftet auch den Anwalt an: „Was? Dienstag sind Sie schon wieder in Urlaub? Wann arbeiten Sie überhaupt?“
Er vorenthält dem eigenen Anwalt gern Informationen, die seine Grandiosität torpedieren und ist oft innerlich klein und voller Gram und Scham.
Der Missionar
Der Missionar ist unter allen Querulanten-Mandanten der mit den deutlichsten Symptomen für eine psychische Erkrankung und deshalb der Einzige der sieben „organisch schwierigen“ Typen, der bei Anwälten mit einer einigermaßen ausgewogenen Ressourcenpolitik lieber nicht Mandant werden sollte.
Schwer vorstellbar, dass er eines Tages denselben Regeln folgt wie andere Mandanten neben ihm. Der Missionar ist nämlich einfach zu gut für diese Welt, und diese Art von Güte ist maximal eng an seine Selbstüberschätzung gekoppelt.
Ungefragt, übergriffig und stets mit autoritärer Attitüde macht er sich zum Fürsprecher anderer, die – so seine Legende – ohne ihn verloren wären:
Der Missionar muss aufgrund seines maximal erdnussgrossen Selbstbewusstseins seine unverzichtbar grandiose Außenwirkung betonen („Ohne mein Projekt wäre die ganze Stadt längst in die Hände von Immobilienspekulanten gefallen“).
Dieses grandiose Selbstbild bröckelt sofort, wenn er tun soll, was andere sagen.
Ein Missionar sieht und hört alles in Relation zu seinen Interessen, Rechten, Leistungen und seiner selbst gewählten „Mission“. Er duldet für sein Anliegen keinen Aufschub („Zu wichtig“) und bestreitet das Existenzrecht gleichrangiger Vertreter eines anderen Anliegens („Zu unwichtig“).
Er erwartet besondere Beachtung und schließt für sich den Aufenthalt in einem Wartezimmer aus. Er bricht das Telefonat ab, wenn er nicht sofort durchgestellt wird und spricht selbstverliebt von sich im Plural („Unsere“ Ziele), sobald der Anwalt versucht, sein individuelles Ziel zu ermitteln.
Er erwartet, dass gerade jene seinen Namen kennen, denen er sich noch nicht vorgestellt hat, und er stellt sich nur jenen Personen selbst vor, die er für einigermaßen gleichrangig hält.