Menschen lassen sich nur in ihrer Welt bewegen.
Matching macht Vertrauen.
Was Mandanten denken und fühlen, bestimmt darüber, ob sie ein Argument von ihrem Anwalt annehmen oder zumindest interessant finden.
Matching (= etwas passend machen) bezeichnet ein automatisches oder antrainiertes Angleichen von Verhalten, Sprache und Non-Sprache mit dem Ziel, innerhalb von Sekunden ein Vertrauensverhältnis zu wildfremden Menschen aufzubauen.
Das gelingt durch die partielle Übernahme von Mustern des Anderen in das eigene Repertoire, so dass der andere dasselbe fühlt, an Größe gewinnt – und an Scheu verliert.
- Coach-Tipp:
Wer einen anderen Menschen überzeugen, gewinnen, besänftigen oder erobern will, gibt genau das, was dieser andere Mensch in diesem Moment braucht und tut genau das, was der andere auch tut.
Entwicklungsgeschichtliche Einordnung
Millionenfach, automatisch und ohne jedes Training sortieren Menschen ihre Umgebung in Freund und Feind: Sie verhalten sich entgegengesetzt, wenn sie jemanden fürchten oder entmachten und gleichen ihr Verhalten dem Verhalten anderer Menschen an, sobald sie zu ihnen Kontakt aufbauen, halten oder verbessern wollen.
Dieser vollautomatische Sortier-Vorgang rettet auch heute noch Leben, verscheucht Feinde, stärkt Allianzen – und löst bereits nach Millisekunden eins dieser beiden Signale aus:
- Gefahr: Der ist fremd und darf nicht in unsere Familie.
- Entwarnung: Der ist wie wir und darf in unsere Familie.
Matching ist die Folge eines vorgeschichtlichen Imprints im Gehirn aller Säugetieren und sichert vollautomatisch das Überleben der Gattung: Fortpflanzung, ausreichende Nahrung und der Schutz vor Feinden ist der originäre Nutzen von „Matching“.
Besonders in Bedrohungssituationen verhalten sich moderne Menschen – ohne je darüber nachzudenken – ebenso animalisch wie ihre tierischen Vorfahren: Sie suchen nach Allianzen mit Gesinnungsgenossen, sie meiden, fürchten oder bekämpfen Angreifer und Andersdenker und nähern sich ihren Spiegelbildern an.
Der Spaziergang in der Nachrichtenwelt des Anderen
Heutige Zweibeiner praktizieren – wie vor 50 Millionen Jahren – intuitives Matching und sortieren wildfremde Menschen bei der Erstbegegnung sekundenschnell in „sympathisch oder unsympathisch“:
- Manche Menschen sind „aus dem Stand“ sympathisch.
Mit denen haben wir „sofort einen Draht“, mit denen werden wir „schnell warm“, und mit denen verstehen wir uns „ohne Worte“ und ohne jedes Nachdenken:
Zwei Zentimeter vor dem Löffel mit Bananenbrei öffnet sich der Babymund, der Mund des Löffelhalters öffnet sich auch. Verliebte im Restaurant beginnen zeitgleich beim Anblick der Speisekarte zu flüstern, Fußballfans im Stadion umarmen gemeinsam hüpfend unbekannte Nachbarn, und das Gelächter unter gleichgesinnten Fremden ist immer automatisch gleich laut!
In solchen intuitiven Allianzen werden Fehler schnell verziehen, Allianzen noch schneller geschlossen und Verträge, Freundschaften und ganze Unternehmen ohne jede Anstrengung über Jahre gehalten und optimiert.
- Manche Menschen sind „aus dem Stand“ unsympathisch.
Solche Menschen meiden oder bekämpfen wir intuitiv: Wer eine hohe Stimme hat, gilt in hiesigen Kulturkreisen eher als unsicher oder schwach. Wer hiesigen gesellschaftlichen Werten nicht folgt oder Zusagen nicht einhält, gilt manchen als egozentrisch oder überheblich. Wer den Blickkontakt meidet, gilt als unsicher oder verschlagen. Wer schlecht riecht, gilt manchen als gefährlich. Wer über andere schlecht redet, gilt manchen als wenig selbstbewusst etc.
Solche intuitiven Abgrenzungen helfen, Energie zu sparen, das eigene Weltbild zu erhalten, Allianzen mit Schwächeren zu vermeiden und sich unabhängig von Impulsen der Umgebung zu machen. Schon vor vielen Millionen Jahren diente Abgrenzung dem Schutz der „Familie“ und der Stärkung der eigenen Position.
Antrainiertes Matching
Nicht immer jedoch muss in einer vielfach kultivierten Welt das physische Überleben unmittelbar gesichert werden, und die originäre Fähigkeit aller Menschen zum Matching verliert sich situativ.
In solchen Momenten (zum Beispiel im Mandantengespräch) funktioniert Matching ebenso gut, wenn es antrainiert wurde:
Die partielle Übernahme von Mustern des Mandanten in das Repertoire des Anwalts hat zum Ziel, „in die Familie“ und in das Gehirn des noch unbekannten Mandanten einzutreten, so dass dieser den Anwalt nicht nur nicht fürchtet, sondern ihm vertraut – und ihn schließlich sogar gegen gemeinsame Feinde verteidigt.
Dieses originäre Matching hoch entwickelter Säugetiere betrifft vier Bereiche:
- Sprechtempo / Lautstärke
- Wortwahl
- Befindlichkeit
- Non-Sprache